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Muslim*innen sind … 5 Anregungen, um dies herauszufinden

Muslim*innen sind…

Was ist Ihnen als Erstes in den Sinn gekommen? Was würden Sie in die Lücke füllen?

Beim Dolmetschen und bei meinen Vorträgen höre ich immer wieder Aussagen wie: „Muslim*innen wollen nicht Deutsch lernen. Muslimische Väter wollen, dass ihre Töchter ein Kopftuch tragen. Muslim*innen sind streng. Muslimische Töchter werden zwangsverheiratet.“ Das ist auch das, was in der Gesellschaft immer wieder gesagt wird. Es wird schon fast zu einem Mantra. Und irgendwann weiß man nicht mehr, was zuerst da war: die Henne oder das Ei.

Das Anderssein von Menschen löst viele Gefühle aus

Interkulturelle Begegnungen sind aus diesem Grund oft auch herausfordernd.

Doch häufig kommt es vor, dass nicht das wirkliche Anderssein des Gegenübers uns herausfordert, sondern unsere eigenen Ideen vom Gegenüber.

Manchmal können diese fixen inneren Vorstellungen so dominant sein, dass man den Menschen vor sich gar nicht mehr wahrnimmt. Man redet dann mit der fixen inneren Vorstellung anstatt mit dem tatsächlichen Gegenüber.

Hier ist zum Beispiel ein Ausschnitt aus einem Gespräch, das ich kürzlich gedolmetscht habe:

Ein geflüchteter Mann meinte: „Unsere Kinder gehen in die Schule und lernen dort Deutsch. Ich und meine Frau würden auch so gerne einen Kurs besuchen und Deutsch lernen.“ Die Antwort war: “Also Sie müssen schon Deutsch lernen und nicht nur von den Kindern erwarten, dass sie was tun sollen.“

Selbst bei sehr wohlwollenden Menschen sind die fixen Annahmen manchmal so fest zementiert, dass sie nicht hören, was wirklich gesagt wird.

Muslim*innen sind …

Natürlich ist es menschlich, Vorurteile zu haben. Man kann gar nicht vorurteilsfrei sein. Vormeinungen sind sogar auf eine gewisse Weise nützlich. Sie helfen uns, uns zu orientieren, indem wir unser Erleben einordnen.

Es ist jedoch wichtig, sich immer wieder bewusst zu machen, dass unsere Vorstellungen nicht DIE Wahrheit sind. Sondern möglicherweise eine von vielen Wahrheiten. Oder ein Teil einer Wahrheit. Oder lediglich die Projektion unserer eigenen Themen.

Jedesmal, wenn Sie denken oder sagen: Muslim*innen sind…
halten Sie inne und beobachten Sie, ob Sie sich Ihrer Vorurteile bewusst sind. Sehr häufig kann man dann bemerken, dass man eine innere Brille auf hat, die vieles verzerrt.

Der Soziologe Aladin El-Mafaalani beschreibt diesen Blick auf andere folgendermaßen: „Der Fremde ist defizitär, schlecht oder gar schuldig, Schwarze, Jüdinnen und Juden, Musliminnen oder Roma und Romnija können dann als unzivilisiert, moralisch oder intellektuell minderwertig gelten.“

Welche Vorurteile über den Islam in unserer Gesellschaft präsent sind, obwohl, oder vielmehr weil man in Wahrheit wenig über den Islam weiß, sehen Sie im Experiment: Vorurteile gegen den Islam. Haben wir ein Problem mit dem Islam?

Selbst in den Willkommensbroschüren für Geflüchtete wird oft nicht darauf eingegangen, welche Informationen diese wirklich brauchen, sondern es wird darauf reagiert, wie die Verfassenden sich vorstellen, dass die Gegebenheiten in den Herkunftsländern sind, ohne diese wirklich zu kennen. Wenn es z.B. heißt: „In Österreich wohnen die Menschen entweder in Wohnungen oder in Häusern.“ Das sagt mehr darüber aus, wie man sich vorstellt, dass Menschen in anderen Ländern leben, als dass es für die Geflüchteten hilfreich wäre.

Immer wieder kann man auch erleben, dass Menschen ohne Migrationshintergrund Geflüchteten und Migranten indirekt die Traditionen und Gepflogenheiten in ihren Herkunftsländern oder ihre Religion zu erklären versuchen.

Wie z.B.: „Auch wenn bei Ihnen die Mädchen nicht Sport treiben dürfen, bei UNS herrscht Gleichberechtigung.“

Wenn man auf fixe innere Annahmen reagiert, anstatt auf das, was wirklich gesagt oder getan wird, sind Missverständnisse vorprogrammiert.

Der Familientherapeut Jesper Juul schrieb: „Zu wissen, wie jemand ist, ist das Gegenteil von Interesse.“

Wie können Sie also herausfinden, ob das worauf Sie reagieren, lediglich eine innere Vorstellung ist oder die Realität?

  1. Fragen Sie Muslim*innen, wie ihre persönliche Realität ist
  2. Versuchen Sie „mit neuen Ohren“ zuzuhören. So, als ob Sie ein Lied zum ersten Mal anhören würden, dessen Text Sie nicht kennen.
  3. Versuchen Sie herauszufinden, was sie sagen. Und auch, was sie nicht sagen. Inwiefern deckt sich das mit Ihren fixen Annahmen, inwiefern gar nicht?
  4. Fassen Sie das, was Sie gehört haben, mit Ihren eigenen Worten zusammen und fragen Sie: „Habe ich Sie richtig verstanden, Sie…“
  5. Suchen Sie zur Übung in Ihrem Alltag Beispiele für das Gegenteil Ihrer fixen Annahmen.

 

Wenn Sie immer mehr darauf antworten, was wirklich gesagt wird, werden die Missverständnisse in der Kommunikation und die Holprigkeit in der Zusammenarbeit um ein Vielfaches abnehmen.

Mehr zu diesem Thema finden Sie in dem Blogartikel: Was darf ich denn überhaupt noch sagen?

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