Wie soll es in Zukunft weitergehen? Was, wenn noch mehr Menschen hierher flüchten? Man kann nicht alle aufnehmen! Warum kommen alle hierher?
Das sind Fragen und Bedenken, die man immer wieder hören kann.
Auch wenn manche das Gefühl haben, alle Flüchtlinge würden hierher kommen, ist es tatsächlich so, dass die meisten Menschen in die Nachbarländer der Krisengebiete fliehen. Die Länder, die derzeit zahlenmäßig die meisten Flüchtlinge aufgenommen haben, sind:
Türkei: 3,6 Mio.+
Jordanien: 2, 9 Mio+
Kolumbien: 1,7 Mio+
Uganda: 1,4 Mio.
Libanon: 1,4 Mio
Wenn man diese Zahl im Vergleich zu der Einwohnerzahl betrachtet, so haben sie pro 1000 Einwohner so viele geflüchtete Menschen aufgenommen:
Türkei: 49
Jordanien: 69
Kolumbien: 35
Uganda: 31
Libanon: 134
Die Hälfte der Flüchtlinge weltweit werden von armen Ländern aufgenommen. Wie kann man mit dieser Situation umgehen? Bis jetzt hat man sich irgendwie arrangiert mit den Neudazugekommenen. Aber:
Was, wenn noch mehr Menschen hierher flüchten?
Diese Frage stellt man sich auch, und vor allem, in den oben genannten Ländern.
Die Türkei und der Libanon beispielsweise haben begonnen, Syrer, wieder in ihr Heimatland zurückzuschicken. Auch die, die schon jahrelang in diesen Ländern gelebt haben. Für syrische Männer, die nicht ihre eigenen Landsleute töten wollen und deshalb vor dem Militärdienst geflohen sind, bedeutet das den Tod wegen Landesverrat.
Deswegen versuchen viele, von der Türkei und dem Libanon weiterzukommen.
Nur wohin? In die meisten angrenzenden Länder kommt man nicht hinein (z.B. Israel). Oder es herrschen dort ebenso bewaffnete Konflikte (z.B. Irak). Oder aber man steckt auf unbestimmte Zeit in desolaten Flüchtlingscamps fest (z.B. Griechenland – Stichwort Moria).
Was, wenn durch diese Situation noch mehr Menschen hierher flüchten?
Immer wieder hört man die Bedenken, diese Menschen würden nur wegen der sozialen Hängematte hierher kommen.
Doch das, was die Menschen wirklich hierher treibt, sind Herausforderungen, die in letzter Zeit auch hierzulande Themen geworden sind
In ihren Ländern jedoch sind sie seit Jahrzehnten Alltag. Und das Ausmaß unvergleichbar größer.
Derzeit machen sich beispielsweise auch in Mitteleuropa viele Menschen Gedanken, wie es wirtschaftlich weitergehen wird. Einige haben Angst um ihren Arbeitsplatz.
In arabischen Ländern beträgt die Arbeitslosigkeit unter jungen Menschen an die 50%.
Die Unterbrechung von Lieferketten sind für Menschen aus Ländern wie dem Jemen Normalität. Vor allem Kinder verhungern.
Die Angst vor dem Zusammenbruch der medizinischen Versorgung kennen beispielsweise Syrer nur allzu gut. Der Großteil der Ärzte hat das Land verlassen.
Mit der Gefahr durch unsichtbare krankmachende Partikel leben Menschen im Kosovo schon seit Jahren. Von den Kriegstagen ist abgereicherter Uranstaub zurückgeblieben.
Nicht raus zu können ist für viele irakische Kinder völlig normal. Wegen der Todesschwadronen ist es viel zu gefährlich, Kinder aus dem Haus zu lassen.
Nicht zu wissen, wie es weiter gehen soll, ist die Normalität in Afghanistan. Zu viel ist zerstört. Die Infrastruktur, das Vertrauen der Menschen ineinander.
„Was soll mit den Kindern ohne Ausbildung werden?“ fragen sich syrische Eltern nach knapp 10 verlorenen Schuljahren und wünschen sich einen normalen Schulalltag zurück.
Immer wieder hört man, dass zwischen „richtigen Flüchtlingen“ und “Wirtschaftsflüchtlingen“ unterschieden wird.
Doch bis auf ein paar wenige Abenteuerlustige, wollen die meisten Menschen in ihrer vertrauten Umgebung zusammen mit ihren Liebsten bleiben.
Auch den Menschen in Mitteleuropa reicht es nicht, an einem Ort zu leben, an dem keine Bomben fallen
Deshalb gehen die meisten arbeiten. Weil Frieden allein nicht reicht.
So möchten auch die meisten Menschen aus den Ländern, aus denen viele migrieren oder fliehen, arbeiten und ein menschenwürdiges Leben führen.
Migrieren und Flucht bringt viel Leid mit sich.
Viele kommen gar nie an, auf dem Weg durch riesige Wüsten, stürmische See, listige Schlepper, gefängnisähnliche Anhaltelager, Sklaven- und Organhändler, verminte Wälder, vorzeitige Wintereinbrüche, Klingen- oder Widerhakensperrdraht, bezahlte Scharfschützen, …
Und die, die es schaffen, leben bis zum Asylbescheid in der Ungewissheit, ob sie wieder zurück an den Start müssen.
Die, die auch diese Hürde schaffen, nicht unbedingt, weil ihr Leben anders gewesen wäre als das von Geflüchteten aus anderen Ländern , sondern weil ihr erlebtes Leid in die Genfer Flüchtlingskonvention passt, fangen im niedrigsten Rang der Gesellschaft von Neuem an, ihr Leben wieder aufzubauen. Selbst Richter, Ärzte, Hochschulprofessoren und Botschafter.
Auf unbestimmte Zeit getrennt von ihren Liebsten. Oder auf ewig. Sehr oft ohne Chance, ihre Heimat je wieder zu sehen. Entwurzelt, was die ursprüngliche Kultur betrifft.
Was ist die Lösung?
Manchmal hat man das Gefühl der Ohnmacht. In einigen Bereichen ist es tatsächlich schwierig, etwas zu bewirken.
Doch jeder Mensch hat einen Einflussbereich und diesen gilt es, so gut wie möglich zu nutzen.
In der bisherigen Entwicklung der Menschheit ist laut Gerald Koller der stetige Aufbruch immer gelungen:
vom Horizont des Ich zum Du dann zur Familie weiter zu den Tribes, danach zu den Peers (die, die gleichen Rang sind) bis hin zur Nation.
Jetzt ist es notwendig, dass wir den nächsten Schritt machen: auf die globale Ebene
Dass wir uns als Welten*bürgerinnen gemeinsam Gedanken um alle Menschen machen. Dass wir gemeinsam daran arbeiten, dass es allen Menschen auf der Welt gut geht.
Nur so kann verhindert werden, dass Menschen sich gezwungen fühlen, ihr Land zu verlassen. Nur so kann die Befürchtung „Was, wenn noch mehr Menschen hierher flüchten?“ wirklich gelindert werden.
Abschottung und Verbarrikadierung wird auf lange Sicht nicht funktionieren.
Viel wirksamer ist es, zu schauen, dass die gesamte Menschengemeinschaft ein artgerechtes Leben führen kann. Viel wirksamer ist es, ein Interesse füreinander zu entwickeln.
Das Paradox zu wagen: statt Herz verschließen – Herz öffnen.
Geht es den Menschen an allen Orten der Welt gut, bleibt allen das Leid der Migration erspart
Wo kann man beginnen?
Beispielsweise beim Einkaufen: Mit jedem Artikel, den wir kaufen, mit jeder Händlerwahl, die wir treffen, bestimmen wir mit, wie die Welt wird.
Mit dem Quiz Slaveryfootprint kann man beispielsweise anhand der Alltagsgegenstände, die man besitzt, herausfinden, wie viele Sklaven für einen arbeiten.
Man kann aber auch da beginnen, wo in den letzten Jahren tiefe Gräben entstanden sind in der Gesellschaft und sich wieder für die Gedanken, Erlebnisse und Meinungen der anderen zu interessieren und zusammen zu halten.
Statt verurteilen, etwas daraus lernen.
Wie verschiedene Kulturen mit Unsicherheiten umgehen, lesen sie im Blogartikel: Wie kann ich verhindern, dass sich meine Welt verändert?
Kommen Sie mit muslimischen Eltern in Kontakt, damit Sie gemeinsam für die Kinder das Beste erreichen!
Ich übersetze für Sie die muslimischen Kulturen.