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Was bedeutet das Kopftuch?

Warum ist das Kopftuch ein so heißes Thema? Was triggert es?
Ist das Kopftuch zu exotisch oder zu vertraut? Warum wird es häufig mit Unterdrückung gleichgesetzt? Was bedeutet das Kopftuch?

In den meisten Kulturen gibt es Kopfbedeckungen, von Baseballkappen über Federschmuck bis zum Gamsbarthut. Und auch das Kopftuch.

In Mitteleuropa hat es eine lange Tradition

Vielleicht hat ja sogar die eine oder andere Leserin noch Fotos aus den Kindheitstagen von sich mit Kopftücherl.

Was bedeutet das Kopftuch hier?

Ursprünglich wurde es hierzulande verwendet, um sich vor Verletzungen durch Dornenranken zu schützen, die um die Dörfer herum den Hag bildeten. Sich in eine Stoffbahn zu wickeln, war das Einfachste in einer Zeit, in der es noch schwierig war, selbst Nähnadeln herzustellen.

In der Dolce Vita Zeit war das Kopftuch sogar Mode.

Interessant ist auch, dass die Madonna nie ohne Schleier abgebildet ist. Und dabei nie mit Unterdrückung in Verbindung gebracht wird.

Unter die Haube zu kommen, bedeutete ursprünglich, dass man als verheiratete Frau seinen Kopf zu bedecken hatte.

Ein rein religiöses Zeichen ist das Kopftuch nur bei den Nonnen, die es zwar beispielsweise im Christentum und im Buddhismus gibt, jedoch nicht im Islam.

In Syrien z. B. müssen Schülerinnen vor dem Betreten der Schule alle religiösen Gegenstände ablegen. Kopftücher zählen nicht dazu, weil sie nicht als religiöses Symbol gelten.

Das Kopftuch gab es im Mittleren Osten schon lange vor dem Islam. Ob im Koran geschrieben steht, dass Frauen ein Kopftuch tragen sollen, oder nicht, ist Auslegungssache.

Historisch gesehen, wurde die Stellung der Frau durch den Islam angehoben. Den Sklavinnen wurde das Tragen eines Kopftuches verwehrt. Nur ehrbare Frauen hatten das Recht, eines zu tragen. Die hervorgehobene Stellung durch die Kopfbedeckung kennt man ja auch aus anderen Bereichen wie z.B. Polizistenkappe, Mitra, Doktorhut oder Krone.

Heutzutage ist es nur im Iran gesetzlich vorgeschrieben, ein Kopftuch zu tragen

In vielen muslimischen Ländern „gehört es sich einfach“, als Frau ein Kopftuch zu tragen. Auch Männer haben einen Dresscode. Sie müssen von den Knien bis zum Nabel bedeckt sein. Bei den Rajputen in Indien beispielsweise gilt es auch für Männer als unschicklich, den Kopf unbedeckt zu lassen.

In den meisten Ländern der Welt ist es vorgeschrieben, welche Körperteile zu bedecken sind

Dies kann jedoch von Epoche zu Epoche verschieden sein, wie man z.B. im Kurzvideo „Syrien – 100 years of beauty“ sehen kann: https://www.youtube.com/watch?v=Q7lnfraNVXY

Wer bestimmt, ob eine Muslimin ein Kopftuch trägt?

Ja, manchmal sind es die Väter, manchmal die Brüder. Oder die Ehemänner. Manchmal die Gesellschaft. Oft der Gruppendruck. Oder die Tradition. Oder die Gewohnheit.
Oder die Frauen selbst. Manchmal gegen den Willen der Väter, Brüder und Ehemänner.

Es gibt ungefähr 100 Gründe, ein Kopftuch zu tragen

Ganz praktisch gesehen, schützt das Kopftuch vor der Witterung. Vielleicht waren Sie schon mal im Sommer südlich des Mittelmeers oder auf ähnlicher geografischer Breite. Dann haben Sie das selbst schon mal erlebt. In den meisten muslimischen Ländern herrscht nämlich vor allem im Sommer eine unglaublich starke Sonneneinstrahlung.

Darüber hinaus ist durch die Trockenheit die Staubentwicklung sehr hoch. Da bedecken sogar die meisten Männer ihren Kopf – sei es mit einem Fez, einem Turban oder … mit einem Kopftuch namens Kufiya.

So ist es mit der Zeit Teil der Bekleidung geworden. So wie die Schürze zum Dirndl gehört. Oder die Krawatte zum Businessanzug.

Es leuchtet ein, dass es wenig bringt, die Krawatte zu verbieten, um ein gerechteres Wirtschaftssystem zu schaffen. Doch genau auf diese Art versucht man, durch ein Kopftuchverbot Unterdrückung abschaffen zu wollen.

Manche fühlen sich oben ohne nackt

In jeder Gesellschaft gibt es ein Nacktheitsgefühl. Ab wann man sich nackt fühlt, hängt von der Kultur ab.

Und von der Epoche. Im Sommer sagte mir eine Frau an der Kasse, sie fühle sich ohne Maske nackt.

Es hängt auch von der Persönlichkeit ab. So finden manche FKK wunderbar, während es für andere ganz sicher nie in Frage kommt.

Manche sehen es als ihre religiöse Pflicht, ein Kopftuch zu tragen.

Für andere bedeutet das Kopftuch mehr Freiheit. So schreibt Zainab Salbei, eine irakische Autorin: „Manche jungen Frauen tragen das Kopftuch, um Mobilitätsfreiheit zu erlangen, da ihnen ihre Eltern weniger Einschränkungen auferlegen, wenn sie sehen, dass ihre Tochter ein Kopftuch trägt.“

Manche finden, dass sie hinter dem Tuch mehr Privatsphäre haben

Wieder andere sehen das pragmatisch und finden es angenehm, nicht jeden Tag die Haare stylen und sich über ihre Frisur ärgern zu müssen.

Sogar der Schönheit wegen wird es getragen. So schreibt die Wissenschaftsjournalistin Shereen El-Feki in ihrem Buch „Sex and the Citadel: Intimate Life in a Changing Arab World“: „Ich trug sechs Jahre lang den Schleier, zwischen fünfzehn und einundzwanzig. Ich wusste nicht, dass es Teil des Islams oder des Korans ist. Ich zog ihn einfach an und es sah gut aus. Und ich hatte all diese schönen, bunten Schals, die meine Augen betonen. Woher sollte ich wissen, dass es was Religiöses war?“

Einige Frauen fühlen sich durch das Kopftuch vor den Blicken der Männer geschützt.

Für manche Musliminnen ist das Kopftuch ein Modeaccessoire, das sie zu Minirock und Highheels tragen.

Auf der anderen Seite gibt es wiederum einige Frauen, deren Mütter in ihrer Jugend in kurzen Spaghetti-Träger-Kleidern gingen, während sie selbst ihren eigenen Weg gehen möchten. Sie kehren nach einer langen Geschichte der Kolonialisierung wieder zu ihren Ursprüngen und zu ihren eigenen Traditionen zurück.

Für manche Musliminnen, die in Europa geboren und aufgewachsen sind und noch immer gefragt werden, woher sie eigentlich kommen, ist das Kopftuch eine Möglichkeit, sich zugehörig zu fühlen.

Einige Frauen verwenden das Kopftuch als politisches Statement.

Für junge Mädchen ist das Kopftuch ein Zeichen, dass sie nun erwachsen sind. In einem Alter, in dem viele Mädchen mit Stolz den BH der Mama ausprobieren oder zum ersten Mal selbst einen tragen und damit beweisen, dass sie kein Kind mehr sind.

Was bedeutet das Kopftuch der Musliminnen?

Das Kopftuch als Zeichen der Unterdrückung der Frau ist im Islam unbekannt, im Gegensatz zum Christentum, wo Paulus dieses Thema im ersten Korintherbrief behandelt: „Haupt und damit Bild Gottes in vollem Sinn ist allein der Mann. Die Frau steht auf dem zweiten Platz. Und als Zeichen der Unterordnung hat sie den Kopf zu bedecken, wenigstens im öffentlichen Gottesdienst.“

Das bedeutet jedoch nicht, dass auch Unterdrückung unbekannt wäre in der muslimischen Welt.

Nur: Ein „Kopftuch zu tragen“ bedeutet nicht per se Unterdrückung. So wie „so unbedeckt wie möglich“ nicht per se Freiheit oder Wertschätzung bedeutet.

Wenn sie wissen wollen, wofür das Kopftuch steht, gibt es nur eine Lösung:

Fragen Sie die jeweilige Trägerin!

Aus welchen Gründen sie es trägt. Ob aus politischen, religiösen, gesellschaftlichen Gründen oder wegen ihrer Identität, ihrer Selbstachtung oder ihrer Würde.

Daher meint der Imam und Autor Benjamin Idriz auch: „Wenn man aber noch weiter ginge und nach dem Schleier und der Burka auch noch das Kopftuch verbieten wollte, bedeutete dies genauso eine Verletzung der Menschenwürde, wie wenn man das Tragen von Schleier und Burka anordnete. Denn es passt nur zu einem totalitären Regime, unter Zwang zu verlangen, dass jemand den Kopf bedeckt oder nicht.“

Dass das Kopftuch hierzulande die Gesellschaft nicht kalt lässt, bedeutet, dass es einen wunden Punkt dieser Gesellschaft trifft. Sonst würden die Wogen nicht hochgehen.

Wenn Sie gerne erfahren würden, warum die orientalischen Frauenwelten manchmal düster aussehen, lesen Sie diesen Blogartikel: Warum die orientalischen Frauenwelten manchmal düster aussehen

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